Diese Woche ist es genau ein Jahr her, das Verlassen von Burg Hindistein. Viel ist passiert, ich bin nicht nur von der Prinzessin zur Königin aufgestiegen, ich habe eine Ausbildung begonnen und mich voll in mein Projekt Leben geworfen. Lasst uns nach einem Jahr Freiheit Bilanz ziehen …
Persönliche Assistenz schafft Freiheit.
Es war eine große Umstellung, vom Internatsbetrieb, welchen ich 10 Jahre lang als Normalität betrachtete in ein viel freieres und eigenständiges Leben zu gehen. Man hatte es sich doch schon etwas „gemütlich“ in seiner Komfortzone gemacht. Um sich jedoch nachhaltig weiterentwickeln zu können, ist es wichtig, dass man diese hin und wieder mal verlässt. Mit meinem Umzug habe ich dies auf jeden Fall getan, und zwar ohne Rückfahrschein. Durch mein Team aus persönlichen Assistentinnen ist es mir möglich wann und wie ich möchte an Veranstaltungen teilzunehmen, Ausflüge zu machen und mein Leben zu leben. Natürlich ist das Ganze auch mit einem gewissen Aufwand verbunden, ich wollte es mir ja nicht einfach machen, ich bin ja direkt aus dem Abitur als Arbeitgeber durchgestartet. Vorstellungsgespräche, Arbeitsverträge, Dienstplan und noch vieles mehr gehören plötzlich zu meinem Alltag. Einfach ist das nicht, man wächst also rein, es gibt ja keinerlei Fortbildungen für Arbeitgeber in der persönlichen Assistenz. Doch allen Unannehmlichkeiten zum Trotz, ich würde mich nie anders entscheiden wollen. Natürlich würde ich gerne die Aufgaben in der Organisation großenteils outsourcen, wobei ich damit dann auch wieder ein Stück Kontrolle abgeben würde … Wer mich kennt, weiß, Kontrolle abgeben ist nicht gerade meine Spezialität.
Meine Ausbildung – gelebte Inklusion.
Um meinem Ziel näher zu kommen begann ich im Oktober meine Ausbildung. Ihr könnt euch vielleicht erinnern, Inklusion habe ich vorher noch nie wirklich betrieben, ich hatte große Bedenken. Ich bin immer noch sehr glücklich, dass ich eines Besseren belehrt wurde und alle meine Bedenken nicht zutreffen. Ich habe tolle Zusammensetzungen der Kurse, Dozenten, die mit meiner Situation arbeiten können und Mitschüler, die mich nehmen wie ich bin. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie happy ich darüber bin.
Arbeit in meinem Pensum – Selbstständigkeit als individuelle Alternative
Wenn du als Mensch mit Behinderung eine Ausbildung im Medienbusiness absolvierst, bist du mit großer Wahrscheinlichkeit finanziell komplett auf dich allein gestellt. Genau das ist mir passiert, ich möchte meinen Traum leben, staatliche Unterstützung kann ich aber dafür leider vergessen. Somit war es mir wichtig, dass ich nicht zu 100 % von meinen Eltern abhängig bin. Ein eigenes Einkommen muss her. Mit Pflegegrad 5, persönliche Assistenz und einer teilweisen Beatmung ist das gar nicht so einfach. Ich muss gestehen, ich habe mich nicht lange damit abgegeben, Bewerbungen zu schreiben und zu hoffen, dass sich jemand erbarmt mich einzustellen. Ich hatte im Vorfeld schon bei Praktika Probleme Plätze zu bekommen und bin das ganze somit direkt realistisch angegangen. Ich habe mich ohne groß nachzudenken für die Selbstständigkeit entschieden, damit ich im Home Office nach meinem eigenen Arbeitstempo und meinen eigenen Preisen arbeiten kann. Es lief schleppend an, mittlerweile wird es besser. Ich entwickle mich weiter, mein Kundenstamm erweitert sich und ich knüpfe Kontakte. Meine Webseite wird, wie ihr merkt regelmäßig aktualisiert, verbessert und optimiert.
Zusammenfassend war es ein sehr ereignisreiches Jahr. Ich habe viel gelernt, Kontakte geknüpft und mich meiner Meinung nach immens weiterentwickelt. Diese Entwicklung soll nicht stoppen, ich bilde mich weiter, ich erschließe neue Themengebiete, journalistisch, als Texterin und vielleicht auch als Sprecherin.