Eigentlich sollte an dieser Stelle ein reiner Beitrag über die Gräuel der Nazis an behinderten Menschen folgen. Ich bin dafür zielsicher durch Berlin gefahren, da ich vom „Denkmal der grauen Busse“ in vielen Städten in Deutschland (auch in Berlin) gelesen habe. Das wollte ich sehen und selbst der Opfer, die ich leider nie kennenlernen durfte, gedenken.
Ich komme gerade nach Hause. Ich war und bin immer noch entsetzt. Ich habe die Adresse, wie ich sie auf der offiziellen Webseite der Denkmäler gefunden habe, aufgesucht. Was ich nicht bedacht hatte, den grauen Bus, den ich erwartete, konnte ich 2019 in Berlin gar nicht finden, aktuell befindet er sich in Emmendingen. Das „Denkmal der grauen Busse“ ist eine Wanderausstellung und ein in Beton gegossener Bus befindet sich lediglich am „Zentrum für Psychiatrie die Weißenau“ in Ravensburg.
Trotzdem bin ich enttäuscht von der Erinnerungskultur in Berlin. Die Adresse Tiergartenstraße 4 war die zentrale Organisationsstelle der Massenmorde 1940/41. Das einzige, was die Berliner für das Gedenken an um die 70.000 Opfer übrighaben, ist eine blaue Plexiglasplatte und ein Betontisch mit Aufklärungstafel drauf. Die Aufklärungstafel ist ja wohl das mindeste. Aber ganz ehrlich, eine blaue Plexiglasplatte, was hat die denn mit den Euthanasietransporten zu tun? Wenn ein unbeteiligter Mensch daran vorbei läuft ist es nur irgendein Kunstwerk mitten in Berlin. Es schreit nicht „erinner dich!“. Sollten solche Orte nicht eigentlich rufen „Komm zu mir! Schau mich an!“?
Doch noch mal zum Anfang, was ist damals eigentlich passiert?
In den Jahren 1940/41 gab es eine sogenannte „Euthanasie-Aktion“. Rund 70.000 Männer, Frauen und Kinder mit Behinderung wurden damals in speziell hergerichtete Vernichtungslager gebracht und dort entweder vergast, verwahrlost, verhungert oder ermordet. Es ging damals um die „Reinheit der deutschen Rasse“. Man wollte damit bezwecken, dass die Ausbreitung von „angeborenem Schwachsinn und Nervenleiden“ eingedämmt wird. Diese Aktion war die erste Massenvernichtungsaktion. Viele Mitarbeiter dieser Vernichtungsheime arbeiteten später in Auschwitz und anderen Konzentrationslagern.
Nur durch das Wachhalten der Erinnerung können wir verhindern, dass es so schreckliche Taten wie diese gibt und in Zukunft geben wird.