Der Frühling ist da, die Sonne scheint, die Bäume fangen an zu blühen, die Vögel zwitschern. Für viele Menschen mit Behinderung ist es jetzt endlich wieder Zeit rauszugehen, weniger Schmerzen zu haben und wieder am Leben teilzuhaben. Folglich werden jetzt auch wieder häufiger Filter-Funktionen von Webseiten für Unterkünfte, Wanderrouten oder Kultureinrichtungen im Bezug auf Barrierefreiheit bzw. Zugänglichkeit für einzelne Behinderungsgruppen genutzt. Allerdings gibt es hier vor allem für Menschen, die einen Rollstuhl nutzen, ein großes Problem: Die Filter sind nicht individuell und im Endeffekt auch nur Zeugnis davon, welches Bild diejenigen, die den Filter programmiert haben, von Menschen mit Behinderung haben.
Das Problem:
Neulich suchte ich eine schöne Wanderroute im Berliner Umland. Es war Sonntag, das Wetter war warm und etwa 10 km Strecke konnten meine Assistenz und ich uns durchaus vorstellen. Gemütlich surfte ich auf der Suche nach einer passenden Route durchs Internet und fand einen Filter für Wanderrouten im Fläming. Völlig überrascht und erfreut darüber, dass jemand Menschen mit Behinderung mitgedacht hat, wählte ich den Filter „barrierefrei“ in Kombination mit dem Filter für Routen zwischen 5 und 10 km. Das Ergebnis war ernüchternd … 0 Treffer. Auch die Routen zwischen 10 und 15 km hatten keinen Treffer. Ich fragte mich, wozu die Webseite einen Filter für Barrierefreiheit hat, wenn es nirgends Treffer gibt. So klickte ich alle möglichen Strecken-Längen durch … und tatsächlich, bei der Auswahl der kleinstmöglichen Strecken-Längen fand sich eine einzige, als barrierefrei gekennzeichnete Route wurde mir angezeigt: etwa 1,5 km lang, eine Runde im Kurpark.
Wer mich kennt weiß, selbst eine Runde mit dem Hund ist bei mir länger als 1,5 km und wenn ich mich nicht sowieso in einer Reha-Einrichtung aufhalte, sind Kurparks das maximal langweiligste, was ich mir vorstellen kann. Bedeutet: Ein Spaziergang im Kurpark war nicht das, was ich mir für meinen Tagesausflug vorstellen konnte.
Ein Filter, welcher von abled Menschen gemacht, Barrierefreiheit definiert, bietet diese auch nur innerhalb des Horizonts an, in welchem sich die Person befand, die den Filter programmiert hat. Sie hat ihre eigenen Werte und Vorstellungen von Barrierefreiheit als Maßstab gesetzt und die Angebote in ja und nein kategorisiert. Menschen, die gar nicht oder selten mit Menschen mit Behinderung zu tun haben, können kaum wissen oder verstehen, auf welchen Untergründen ein Elektrorollstuhl fahren kann und ein Aktivrollstuhl nicht.
Ein solcher Filter, ist aus meiner Sicht ungeeignet, denn zum einen ist er wie schon erwähnt durch den Horizont der programmierenden Person beeinflusst und zum anderen nicht in der Lage, zu differenzieren, ob ein Elektrorollstuhl die Runde schafft und ein Aktivrollstuhl nicht oder andersrum.
Was wäre eine ideale Lösung für das Problem?
Alle Menschen sind individuell. Wir haben ganz unterschiedliche Bedarfe im Bezug auf Zugänglichkeit und individuelle Barrierefreiheit. Je genauer die Filter sind, desto genauer können Menschen herausfinden, ob Wanderrouten, Hotels oder Kultureinrichtungen individuell zugänglich sind oder nicht. Deshalb halte ich es für sinnvoll, nicht in „barrierefrei“ oder „nicht barrierefrei“ zu kategorisieren, sondern einzelne Möglichkeiten und Bedarfe aus dem Bereich „Barrierefreiheit“ als Filter anzugeben und danach zu sortieren.
Bei Hotels könnte so zum Beispiel explizit nach Zimmern mit unterfahrbaren Betten gesucht werden oder bei Wanderrouten nach Strecken, ohne unbefestigten Untergrund.
Übrigens gibt es aus meiner Sicht sowieso keine 100 %ige Barrierefreiheit, was bedeutet, dass selbst ein, als „barrierefrei“ klassifizierter Weg in einem Kurpark für einige Menschen mit Behinderung nicht nutzbar ist, zum Beispiel weil dort zu viel Publikumsverkehr ist, was zu Reizüberflutung, bei Menschen mit Autismus führen kann.
Was bedeutet das für die Umsetzung von Filtern?
Nachdem ich beschlossen habe, dass ich natürlich nicht im Kurpark spazieren gehe (wandern kann ich das leider nicht nennen), begann ich, die Texte, die zu den einzelnen, 5-10 km langen Routen geschrieben waren, zu studieren. Es wurden Eigenschaften beschrieben wie die Bodenbeschaffenheit, die Höhenunterschiede. Teilweise sogar die Länge der Streckenabschnitte, direkt an Bundesstraßen. Bei einer solch genauen Beschreibung würde ich davon ausgehen, dass diejenigen, die diesen Text geschrieben haben, die Strecke selbst gegangen sind… Da wäre es aus meiner Sicht doch ein leichtes, gemeinsam mit Menschen mit verschiedenen Behinderungen ein Filtersystem zu definieren, welches Auskünfte über die individuelle Zugänglichkeit der einzelnen Strecke geben kann. Gerade bei Wanderrouten wäre für mich das Wichtigste, losen Sand ausschließen zu können oder Kopfsteinpflaster. Menschen, die eine neue Wanderroute ausprobieren, um sie der Webseite hinzuzufügen, könnten das erarbeitete Filter-Template erhalten und unterwegs die Infos direkt ins System einspeisen oder zumindest dokumentieren, falls ein ländliches Funkloch in der betreffenden Region die Herrschaft an sich gerissen haben sollte.
Tatsächlich würde eine Testung der Strecken auf verschiedene Aspekte, die Barrieren darstellen können, zwar auch keine 100 %ige Genauigkeit bringen können, aber beim besten Willen mehr Genauigkeit anbieten, als der Horizont von Menschen, die mit Behinderung bisher wenig zu tun hatten.
Durch die aktive Sammlung an Informationen zur Strecke/zum Angebot würde aber aus meiner Sicht nicht nur der Filter auf der Webseite genauer werden, sondern auch der Horizont der Menschen, die die Informationen ins System einspeisen, würde geschärft und sensibilisiert. Durch das Bewusstmachen, werden diese Menschen auch im Alltag hin und wieder, wenn sie über Kopfsteinpflaster gehen, daran erinnert, dass dieser Untergrund für manche Menschen der allerletzte Endgegner ist.

Hallo Laura Mench,
vielen Dank für diesen klasse Beitrag! Ich habe ihn gerade gelesen und mich spontan gefragt, ob wir etwas tun können, damit deine guten Vorschläge irgendwie umgesetzt werden können. Wir planen hier in Lichtenberg gerade die Inklusionswoche. Kurze Infos dazu findest du hier: Akteurinnen und Akteure für die 5. Lichtenberger Inklusionswoche gesucht – Berlin.dehttps://www.berlin.de/ba-lichtenberg/aktuelles/pressemitteilungen/2025/pressemitteilung.1537287.php
Das Motto der Inklusionswoche ist âMach´s inklusivâ. Die Woche geht vom 19. November bis zum 3. Dezember. Wir sind Teil der Orga-Gruppe und überlegen gerade noch, was wir an Aktionen und Veranstaltungen selbst beitragen könnten. Hast du vielleicht Lust und Zeit mal darüber zu telefonieren, ob wir eine gemeinsame Aktion planen, mit der wir deine Ideen weiterbringen? Spontan denke ich â wie von dir im Beitrag vorgeschlagen â an ein Treffen, bei dem Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen ein mögliches Filtersystem definieren. Vielleicht unterstützt von jemandem, der sich auch mit der technischen Umsetzung solcher Filtersysteme auskennt. Und dann könnte man im Anschluss mit konkreten Vorschlägen an verschiedene Plattformen wir z.B. Komoot oder so herantreten. Wir haben ein gutes Netzwerk aus Akteur*innen, die wir vielleicht noch für die Sache gewinnen können.
Ich würde mich freuen, wenn wir darüber ins Gespräch kommen, ob wir zusammen etwas planen.
Herzliche GrüÃe
Lisa
Mit freundlichen GrüÃen
Cooperative Mensch eG
Im Auftrag
Lisa Schönsee
Bürgertreff „Gemeinsam im Kiez leben“
Meine Arbeitszeiten bis 7. April 2025: Mittwoch und Freitag, 14:30 â 18:30 Uhr
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Tel. 030 – 344 090 470
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http://www.gemeinsam-im-kiez.dehttp://www.gemeinsam-im-kiez.de/
ââââââââââââââââââââââ
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Hallo Lisa,
vielen Dank für dein Kommentar. Sehr gerne können wir diesbezüglich telefonieren. Schick mir doch gerne eine E-Mail an info@lauramench.com
dann kann ich dir gerne Terminvorschläge zukommen lassen.
Bis bald
Laura
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