Foto: Andi Weiland via Gesellschaftsbilder.de
[AUS LESBARKEITSGRÜNDEN IST IN DIESEM ARTIKEL DIE MÄNNLICHE GESCHLECHTSFORM EINGESETZT. RUNDHERUM BEZIEHT SICH DER ARTIKEL ABER NATÜRLICH AUCH AUF WEIBLICHE UND DIVERSE ASSISTENTEN/ASSISTENTINNEN]
Persönliche Assistenz im Arbeitgebermodell bietet dem Assistenznehmer maximale Selbstbestimmung. Doch Arbeitgeber haben auch Herausforderungen, die nicht immer alltäglich sind. Mitarbeiter zu führen bedeutet auch, besondere Wünsche, Notfälle und Arbeitnehmerinteressen miteinander zu kombinieren und in Einklang zu bringen, um die Versorgung zu sichern. Dieser Beitrag gibt einen Überblick darüber, was Sonderwünsche sind, wie mit Ihnen umgegangen werden muss und welche Kompromisse es geben kann.
Sonderwünsche, Forderungen und unhaltbare Ansprüche
Um Vorgehensweisen in verschiedenen Situationen aufzeigen zu können, müssen wir erst einmal herausfinden, was Sonderwünsche, was Forderungen und was wirklich unhaltbare Ansprüche sind. Es gibt Abstufungen zwischen diesen Arten der Wunschäußerung, die unterschiedlicher Beachtung bedürfen.
Assistentinnen und Assistenten sind Menschen, sie haben den Beruf (persönlicher Assistent) und ein Privatleben. Für Arbeitnehmer ist es immer wichtig, dass Beruf und Privatleben voneinander getrennt sind, sich aber gegenseitig so zu ergänzen, dass das eine vom anderen nicht gestört wird. So kann es sein, dass ein Arbeitnehmer zum Beispiel an seinem Geburtstag nicht arbeiten möchte, da dieser Tag für das Privatleben gedacht ist. Dies ist ein Sonderwunsch. Weitere Sonderwünsche von Mitarbeitern in der persönlichen Assistenz können zum Beispiel sein:
- Urlaub bei der Geburt eines Kindes
- Urlaub bei einem Todesfall in der Familie
- Urlaub wegen Umzug
- frei wegen Geburtstag
- frei wegen Hochzeit von Freunden/Bekannten/Verwandten
- privater Einkauf während der Arbeitszeit erledigen
- private Telefongespräche während der Arbeitszeit führen
- Kinder- und/oder Haustierbetreuung während der Arbeitszeit (zu Hause oder bei der Arbeit)
- schlafen während der Arbeitszeit
Beispiel: „ist es möglich, den Dienstplan so zu gestalten, dass ich an meinem Geburtstag nicht arbeiten muss?“
Fordern kann ich viel im Leben, die Weltherrschaft, mehr Geld oder Dinge, die ich gerne hätte, vielleicht aber nicht immer bekommen kann. Eigentlich ist eine Forderung nicht weit von einem Sonderwunsch entfernt, trotzdem macht immer der Ton die Musik. Bei einer Forderung drücke ich meinen Sonderwunsch in einer Form aus, die dem Arbeitgeber (in diesem Fall der Mensch mit Behinderung) klarmacht, dass es für den Arbeitnehmer keinen anderen Weg gibt, als den Sonderwunsch zu akzeptieren, der gefordert wird.
Beispiel: „ich will an meinem Geburtstag nicht arbeiten, plant einen Kollegen ein.“
Unhaltbare Ansprüche sind noch einmal gesteigerte Formen von Forderungen. Wenn ein Mitarbeiter Wünsche hat, die weit über die Möglichkeiten des Arbeitgebers hinausgehen und in ihrer Äußerung als Bedingung für ein Arbeitsverhältnis gestellt werden, sind es für den Arbeitgeber unhaltbare Ansprüche.
Beispiel: Ein Dienstwagen wird gestellt und der Arbeitnehmer besteht darauf, dass es ein bestimmtes Markenauto sein muss, das im Standard des Betriebs nicht vorgesehen ist, ist das ein unhaltbarer Anspruch.
Sicher, ein Dienstwagen ist in der persönlichen Assistenz unüblich, dieses Beispiel dient nur zur Verdeutlichung des Sachverhalts. Grundsätzlich ist es so, dass der Arbeitgeber darüber entscheidet, welcher Sonderwunsch angemessen ist und genehmigt werden kann. Das Verhältnis der Auswirkungen der Genehmigung des Sonderwunsches muss immer in Relation zur Lösbarkeit der daraus resultierenden Dienstplan- und Versorgungssituation stehen. Die persönliche Assistenz ist immer ein sehr individuelles Arbeitsfeld. Deshalb gibt es in jedem Assistenzteam unterschiedliche Regelungen und unterschiedliche Handhabung mit Sonderwünschen. Das heißt, dass in Team 1 das schlafen auf der Arbeit grundsätzlich erlaubt ist, wenn der Assistenznehmer nichts braucht und der Assistenzgeber abrufbar ist, das heißt aber auch, dass es in Team 2 sein kann, dass die Versorgungssituation es nicht zulässt, dass der Assistenzgeber schläft.
Umgang mit Sonderwünschen und Auswirkungen auf den Mitarbeiter und das Team
wie der Name schon sagt, Sonderwünsche sind Wünsche, die ein Mitarbeiter (Assistent) äußern kann, die der Arbeitgeber jedoch nicht verpflichtet ist umzusetzen. Das heißt, es liegt im Ermessen des Arbeitgebers, zu entscheiden, ob ein Sonderwunsch angemessen ist und ob er umgesetzt werden kann.
Es ist natürlich so, dass ein Mitarbeiter Erwartungen an seinen Arbeitgeber hat und dass es den Mitarbeiter glücklich macht, wenn auf sein Privatleben Rücksicht genommen wird. Deshalb ist es gut, wenn es möglich ist Sonderwünsche, wie zum Beispiel einen Urlaubstag, bei der Geburt eines Kindes, zu genehmigen. Wenn die Versorgungssituation des Assistenznehmers jedoch die Bewilligung des Sonderwunsches nicht zulässt, so ist es wichtig, dass umfassend kommuniziert wird, dass es nicht möglich ist den Sonderwunsch umzusetzen und das transparent dargestellt wird, warum. Nur so kann der Mitarbeiter verstehen, dass die Ablehnung seines Wunsches nicht aus persönlichen Gründen erfolgt, sondern aus betrieblichen Gründen. Trotzdem muss der Assistenznehmer, der als Arbeitgeber fungiert, damit rechnen, dass der Mitarbeiter mit der Entscheidung nicht glücklich sein wird, unter gewissen Umständen vielleicht sogar sauer oder wütend. Damit muss ein Arbeitgeber umgehen, wenn nötig darüber reden oder darauf warten, dass das Verständnis bei dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin irgendwann eintritt. Im schlimmsten Fall, vor allem dann, wenn innerhalb kürzester Zeit mehrere Sonderwünsche nicht bewilligt werden, kann es sogar passieren, dass der Mitarbeiter nachhaltig unzufrieden ist und darüber nachdenkt, das Arbeitsverhältnis aufzulösen.
Im Gegenzug dazu kann der Arbeitgeber natürlich auch bei vermehrt auftretenden, unhaltbaren Forderungen oder sogar Ansprüchen darüber nachdenken, ob das Arbeitsverhältnis ist mit dem Arbeitnehmer noch haltbar ist, denn häufige Äußerungen von Forderungen oder Ansprüchen, die unverhältnismäßig oder nicht umsetzbar sind, führen nicht nur beim Arbeitnehmer zu Unzufriedenheit, sondern auch beim Arbeitgeber.
Häufiges Auftreten von Sonderwünschen, Verbesserungsvorschlägen oder sogar Ansprüchen, kann ein Anzeichen dafür sein das zwischen Assistenznehmer und Assistenzgeber die Chemie und die Vorstellungen zu weit auseinandergehen. Gerade die persönliche Assistenz ist ein sehr direkter Beruf, der immer auf Sympathie beider Seiten basieren muss. Gehen wir auf Vorstellungen von einem guten Arbeitsplatz, von guter Versorgung oder von sonstigen Umständen von Assistenznehmer und Assistenzgeber so weit auseinander, so kann das Arbeitsverhältnis auf Dauer nicht auf Augenhöhe gelingen.
Hinweis: Ein Arbeitsverhältnis auf Augenhöhe bedeute nicht, dass der Arbeitgeber jeden Sonderwunsch und jede Forderung sofort von den Augen und Lippen des Mitarbeiters ablesen muss. Ein Arbeitsverhältnis auf Augenhöhe bedeutet, dass maximale Transparenz herrscht, warum ein Sonderwunsch genehmigt oder abgelehnt wird.
Sonderwunsch genehmigen, darauf ist zu achten:
Das Genehmigen von Sonderwünschen führt zu maximaler Mitarbeiterzufriedenheit. Es zeugt von Wertschätzung des Mitarbeiters, seiner Arbeit und von Rücksicht vor seinem Privatleben. Was zur Folge hat, dass der Mitarbeiter gerne zur Arbeit kommt, denn wo das Betriebsklima stimmt, arbeitet man gerne.
Nicht immer ist es möglich, einen Sonderwunsch in der Umsetzung zu realisieren. Wie schon erwähnt wird der Mitarbeiter durch die Ablehnung des Wunsches nicht glücklich sein. Es ist aber auch anzumerken, dass zu häufiges Genehmigen von Sonderwünschen dazu führen kann, dass der Mitarbeiter immer mehr Sonderwünsche stellt, denn die Erwartungshaltung steigt mit jeder Genehmigung. Es ist darauf zu achten, dass das Genehmigen und Ablehnen von Sonderwünschen innerhalb des Teams ausgeglichen ist. Es ist nicht fair, wenn bei Mitarbeiter A die Sonderwünsche immer genehmigt und bei Mitarbeiter B immer abgelehnt werden.
Es ist wichtig, dass der Assistenznehmer darauf achtet, dass Sonderwünsche nur dann genehmigt werden, wenn die Versorgung wirklich durch Kollegen gesichert ist, vor allem dann wenn es um Urlaubsanträge oder Freizeittage geht. Sollte der Mitarbeiter bei Ablehnung des Sonderwunsches negative Stimmung entwickeln oder ins Team tragen, so ist es wichtig, dass Unstimmigkeiten geklärt werden und dass der Assistenznehmer die Stimmung des Assistenzgebers nicht auf sich bezieht. Es ist eine betriebliche Entscheidung, die auf einer Ermessensentscheidung des Assistenznehmers basiert, ob ein Sonderwunsch genehmigt wird oder nicht. Egal wie die Entscheidung ausfällt, der Arbeitnehmer (Assistenzgeber) muss die Entscheidung akzeptieren und respektieren. Deshalb ist es ratsam, die Entscheidung so transparent wie möglich darzustellen und zu begründen.
Fazit
Sonderwünsche kommen in jedem guten Arbeitsverhältnis vor. Es ist Ermessensentscheidung des Arbeitgebers, ob er in der Lage ist, den Sonderwunsch zu erfüllen oder nicht. Das Erfüllen von Sonderwünschen führt zu einer guten Mitarbeiterzufriedenheit, was wiederum dazu führt, dass die Mitarbeiter gerne zur Arbeit kommen. Ausgeglichenheit bei der Genehmigung und Ablehnung der Anträge ist wichtig, denn kein Mitarbeiter darf bevorzugt oder benachteiligt werden.
Sonderwünsche sind überhaupt nur ansatzweise erfüllbar, wenn der Chef / die Firma die Ursache für den Wunsch auf einen Einzelfall zurückführen kann. Das geht z.B bei einer Quotenfrau oder einer Quoten-Schwb, oder dem Kind / der Frau vom Chef relativ leicht. Ansonsten droht die Gefahr, dass am Ende „jedeR in der Firma“ mit der Begründung kommt – wo kommen wir denn da hin?
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