„Unser Museum ist nicht barrierefrei“. Bei meiner Recherche nach geeigneten Ausflugs- und Urlaubszielen versuche ich auch immer herauszufinden, ob das jeweilige Ziel für mich zugänglich ist. So langsam setzt es sich immer mehr durch, das neben Informationen, ob Hunde erlaubt sind oder ob es Parkplätze gibt, auch Informationen zur Barrierefreiheit hinterlegt werden, doch leider bestehen solche Informationen meist eher aus pauschalisierten Angaben, als aus individuellen Beschreibungen der Zugangsvoraussetzungen.
Hin und wieder ist es vorgekommen, dass ich auf einer Webseite oben genannten Satz gefunden habe und am Ende das gesamte Museum durch die Existenz einer mobilen Rampe, die ich mitgebracht habe, besuchen konnte.
Barrierefreiheit als individuelles Konzept:
Wenn wir uns anschauen, wie vielfältig Menschen sind, liegt die Erkenntnis nahe, dass es nicht möglich ist, eine ultimative Barrierefreiheit zu schaffen, die für alle gleichermaßen bedarfsgerecht und hilfreich ist. Es gibt unzählige mögliche Bedarfe, die sich in der Umsetzung auch gegenseitig ausschließen können. So kann z. B. eine Person mit Sehschwäche hohe Kontraste nützlich finden, während diese für eine neurodivergente Person einen Teil zur Reizüberflutung beitragen können.
Deshalb müssen wir uns von dem schönen Gedanken, dass wir alles für alle und jeden barrierefrei machen wollen und können, verabschieden. Wir könnten aber alternativ dafür sorgen, dass das jeweilige Angebot so viele Menschen wie möglich anspricht und durch gezielte Zurverfügungstellung von Informationen zur Nutzung einlädt.
Individuelle Beschreibungen statt pauschalisierte Annahmen:
Gehen wir mit der Zielsetzung, das Angebot für so viele Menschen wie möglich zugänglich zu machen, braucht es mehr als ein pauschales „nicht barrierefrei“. Es braucht detaillierte Infos, anhand derer Menschen entscheiden können, ob das für den individuellen Bedarf passende Voraussetzungen sind, um das Angebot zu nutzen oder ob Mensch sich lieber die Anfahrt spart und etwas anderes macht/bucht.
Folgende Detailinfos könnten zum Beispiel angegeben werden:
Räumlich/baulich:
- Der Eingang hat eine Stufe in Höhe von x cm. Eine mobile Rampe ist vorhanden/nicht vorhanden.
- Die engste, zu passierende Stelle ist x cm schmal.
- Unsere Zufahrtsrampe ist sehr steil. Sie hat eine Steigung von x %
- Alle Parkplätze befinden sich in unserem Parkhaus. Dieses hat eine maximale Durchfahrtshöhe von x Metern.
- Unser Aufzug hat folgende Maße:
- Unsere Betten sind unterfahrbar, mit Geräten bis x cm Höhe.
- Unsere Betten sind verschiebbar/nicht verschiebbar.
- Unsere Rampe/unser Steg hat eine maximale Traglast von x kg. Und ist x cm breit.
Sinnesbezogen:
- Für die Führungen nutzen wir ein mikrofonbasiertes Audiosystem, das (nicht) mit Hörgeräten kompatibel ist/gekoppelt werden kann.
- Unsere Infotafeln sind kontrastreich gestaltet. Bei Bedarf könnten kontrastarme Versionen für den Besuch der Ausstellung ausgehändigt werden.
- Immer Wochentags von x:xx Uhr bis x:xx Uhr ist „stille Stunde“. Das heißt, wir Dimmen das Licht und reduzieren Geräuschintensive Inhalte.
- Ein Leitsystem für blinde Menschen ist nicht vorhanden, unsere Ausstellungsstücke dürfen gern betastet/befühlt werden.
Ja. Natürlich sind das mehr oder weniger Strategien, um eine Welt, die nicht barrierefrei ist, möglichst umfangreich zugänglich zu machen. Schon allein aufgrund der sich teils gegenseitig ausschließenden Bedarfe ist das nötig. Wir können nicht die ganze Welt barrierefrei machen, wenn es schon nicht möglich ist, einzelne Angebote so zu gestalten. Deshalb müssen wir einfach mal irgendwo anfangen. Was ist da leichter, als ein paar kurze Eckdaten auf die eigene Homepage zu schreiben? Dafür braucht es keine Umbauten und auch keine Genehmigung vom Denkmalschutzamt.
Welche Informationen würdet ihr euch auf Webseiten wünschen, damit ihr individuell entscheiden könnt, ob etwas für euch zugänglich ist?
Projekt Leben 